Konstantino Dregos Der Philosoph der Ideen

Was sind Gedanken? Wann und wie werden sie zu Ideen? Diese Fragen bestimmen das künstlerische Schaffen Konstantino Dregos'. Er ist überzeugt, dass Ideen ihre eigenen unbekannten Baupläne haben. Diese zu ergründen sei Aufgabe des Künstlers und der Betrachter. Familie Hauff hat im Sommer 2016 die Ausstellung „Mnemonis“ des Wahl-Berliners in der Galerie Friese in Berlin besucht und sechs seiner Werke erworben. Sie sind aktuell im fünften Stock in der Rüdigerstraße zu sehen.

Der 1977 in Athen geborene Konstantino Dregos absolvierte ein Kunststudium im Bereich „Skulptur“ in Athen und Wien. Seit 2008 lebt er in Berlin. Sein Arbeitsraum befindet sich in einer unschein baren Straße in Berlin-Wedding und wirkt von außen wie ein verlassenes Ladengeschäft. Der Raum ist jedoch vollgepackt mit Werken auf Speerholzplatten, Skizzen auf Papier und Skulpturen aus Leder und Ton in unterschiedlichsten Stadien der Fertigstellung. Hier wird der Fluss von Kreativität und Ideen greifbar, der auch seine Kunstwerke auszeichnet.

Ekliptische Noten“ heißen die fünf kleinformatigen Alabastergips platten aus dem Jahr 2015, die nun die Sammlung der Familie Hauff bereichern. Über reliefartigen, teils zerkratzten Untergrund ziehen sich Bleistiftstriche und Pfeile. Es sind Tabellen angedeutet, Zahlen und Wörter notiert und wieder unkenntlich gemacht. Der Betrach ter fragt sich: „Worum geht es hier?“ Konstantino Dregos dokumen tiert den Entstehungsprozess einer Idee und hält inne, bevor sie konkret wird. Sie soll sich kraft seiner Vorstellungskraft im Kopf des Betrachters entfalten.

Mit dem „Versprechen an eine brüchige Stunde“ aus dem Jahr 2016 geht er den umgekehrten Weg. Auf der großflächigen Leinwand fällt zunächst ein großer dunkler Fleck auf. Hier wurde eine Idee verworfen und vehement mit schwarzem Lack übermalt. Der Blick wandert anschließend nach unten zum Umriss einer quadratischen Fläche. Hier verbirgt der Künstler etwas und dekonstruiert damit die entstehende Idee. Im oberen Bildabschnitt stehen drei Gedichte unbekannter Autoren. Ihr Thema sind Konzepte wie Freiheit und Vernunft. Ähnlich wie bei einer Gedichtanalyse, wie wir sie im Deutschunterricht gelernt haben, notiert Dregos die Zahl der Wörter in einer Zeile, unterstreicht einzelne Wörter und macht kaum lesbare Anmerkungen. Er geht so dem Entstehungsprozess der Gedichte auf den Grund. Schließlich nimmt er scheinbar sogar die Rolle des Autors ein und greift redigierend ein, indem er ein zelne Wörter streicht.

Alle sechs Kunstwerke transportieren Dregos’ Philosophie: Ideen tragen Erfolg und Scheitern in sich. Mit Ideen muss man immer wieder umgehen. Zugleich verkörpern sie einen besonderen ästhe tischen Reiz – den des Unfertigen, Vorläufigen, Neubeginnenden -, der es Konstantino Dregos möglich macht, das alles in Kunstwerke zu verwandeln.

 

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